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Birgit Schwaner

Sternengärtner
Notiz zur Ausstellung von Elisabeth Wedenig

Aus der Ferne, und nur so, entstehen Sätze, Titel wie die von Elisabeth Wedenig: Jemand muss sich um die Sterne kümmern, und Komposita wie Sternengärtner. Beides sind sehr poetische Formulierungen, die mit der Metapher "Stern" spielen, uns suggerieren, wir wüssten nicht schon längst, dass das Wort quasi tote, unendliche Lichtjahre von uns entfernt im All schwebende Gesteinshaufen bezeichnet; Formulierungen, die in ihrer Widersprüchlichkeit bildlich genommen sein wollen, Zauber und Freiheit des Vergeblichen, Zwecklosen – des poetischen Akts – mit enthalten. Wer könnte sich um die Sterne kümmern und wer diese (geistige?) Tätigkeit überhaupt einfordern? Wer anders als, im besten Sinn, ein Narr oder Weiser? Oder eine Malerin, traumwach. Elisabeth Wedenig gab diesen Titel einem ihrer großformatigen Ölbilder, die sie, wie Tücher, direkt an der Wand befestigt.


Inmitten einer düsteren, verschwimmenden Landschaft aus verlaufenden Farben, Schwarz, Blau, Violett, Weiß, sieht man eine Frau stehen; sie trägt eine Hausfrauenschürze und hält, wie es scheint, in ihren Händen tatsächlich farbige, sternförmige, eigentlich amorphe "Gebilde", ja es scheint, als trage sie tatsächlich "Farbstrahlen" – die man am ehesten noch mit Federbüscheln vergleichen mag … Gegenständliches und Abstraktes verdichten sich zu einer Welt in der Schwebe, in die das Licht (Weiß) einbricht, sie vielleicht sogar zerbricht. Und das Licht überblendet die Schürzenfrau, lässt sie verblassen, wie eine Erinnerung … die Erinnerung an einen Traum.


Traum: Das ist auch eines der Stichwörter zur Arbeit der 1980 in Kärnten geborenen Künstlerin. In zeitgemäßer Nachfolge der Surrealisten arbeitet sie "mit ihren Träumen. D.h.: Sie führt gewissermaßen Buch über ihre Träume" (Martin Adel). Und sie malt "Traumbilder", thematisiert unter anderem immer wieder die Nachtseite des Bewusstseins. Träume sind Reisen ins Unbewusste. Im besten Fall Begegnungen mit der Ferne, die – ob der Weg nun nach "außen" oder "innen" führt – stets die eigene, die Ferne des "Ich" ist. Und das wäre das zweite Stichwort: Elisabeth Wedenig ist auch Reisende, Weltreisende. Einige kleinformatige Arbeiten auf Taschentüchern erinnern daran, dass ein Teil ihres Werkes auf Reisen entstand, ausschnittweise Wahrgenommenes zeigt, als handle es sich um Skizzen für ein Reisetagebuch. Flüchtig festgehalten. Auf Taschentüchern? Ja, Fundstücke, objets trouvés, werden hier zum Trägertextil kleiner Bilder in Mischtechnik: für den zwischen Ornament und Tier oszillierenden Schafsschlaf ebenso wie für die Madonna mit ohne Kind, Textil und Bildmotiv stets wie in symbiotischer Beziehung … Nur aus der Ferne erkennt man das Nächste. So fallen Bilder zu: wie Träume, wie kleine erleuchtete Augenblicke. Für Betrachter: als Reiseeinladung?


2009 zur Ausstellung "Sternengärtner" im MUSA, Wien

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